Was ist Nachhaltigkeit?

●  Lese­zeit etwa 6 Minu­ten

Direkt über­setzt bedeu­tet nach­hal­tig soviel wie lang­fris­tig. Mit dem Begriff «Nach­hal­tig­keit» hat sich darüber hinaus ein eigent­li­ches Hand­lung­kon­zept, eine Lebens­weise etabliert. Die UNO defi­niert den Begriff so: «Nach­hal­tig ist eine Entwick­lung, die den Bedürf­nis­sen der heuti­gen Gene­ra­tion entspricht, ohne die Möglich­kei­ten künf­ti­ger Gene­ra­tio­nen zu gefähr­den, ihre eige­nen Bedürf­nisse zu befrie­di­gen und ihren Lebensstil zu wählen.»

Das Konzept der Nach­hal­tig­keit setzt sich aus ökolo­gi­schen und sozia­len Kompo­nen­ten zusam­men:

Die Gesell­schaft ist sich ihrer Verant­wor­tung gegen­über der Umwelt und ande­ren Nationen bewusst.

Aus dieser Verpflich­tung heraus passt sich das Konsum­ver­hal­ten der Menschen an.

Die Beach­tung von Menschen­würde, Gleich­stel­lung und Wahrung der Grund­rechte sind Voraus­set­zung für eine soziale und ökolo­gi­sche Nach­hal­tig­keit.

  • Die Gesell­schaft ist sich ihrer Verant­wor­tung gegen­über der Umwelt und ande­ren Nationen bewusst.
  • Aus dieser Verpflich­tung heraus passt sich das Konsum­ver­hal­ten der Menschen an.
  • Die Beach­tung von Menschen­würde, Gleich­stel­lung und Wahrung der Grund­rechte sind Voraus­set­zung für eine soziale und ökolo­gi­sche Nach­hal­tig­keit.

Verein­facht zusam­men­ge­fasst:
Nach­hal­tig­keit bedeu­tet, natür­li­che Ressour­cen und die Umwelt lang­fris­tig zu scho­nen, fair und mit Sorg­falt mit Finanzen umzu­ge­hen und in Frie­den mit ande­ren Menschen und Nationen zu leben.

Verein­facht zusam­men­ge­fasst: Nach­hal­tig­keit bedeu­tet, natür­li­che Ressour­cen und die Umwelt lang­fris­tig zu scho­nen, fair und mit Sorg­falt mit Finanzen umzu­ge­hen und in Frie­den mit ande­ren Menschen und Nationen zu leben.

Der Begriff

Verschie­dene Quel­len besa­gen, dass der Begriff «Nach­hal­tig­keit» weit über 300 Jahre alt ist, er stammt aus der Forst­wirt­schaft. Geprägt wurde er von Hans Carl von Carlo­witz. In seinem Buch erwähnte er 1713 erst­mals das Wort in Verbin­dung mit der Schaf­fung eines stabi­len Gleich­ge­wichts. Carlo­witz’ Grund­ge­danke war, dass in einem Wald nur soviel Bäume gefällt werden sollen, wie in abseh­ba­rer Zeit nach­wach­sen. Lang­fris­tig sollte damit der Baum­be­stand und somit die Basis der Forst­wirt­schaft sicher­ge­stellt werden.

Längst umfasst Nach­hal­tig­keit nicht nur den Schutz natür­li­cher Ressour­cen wie von Bäumen und der Umwelt allge­mein, sondern auch die soziale Verant­wor­tung gegen­über ande­ren Erden­be­woh­nern, also Menschen und Tieren.

Nach­hal­tig­keit und Ökono­mie

Ökono­mi­sche Verant­wor­tung im Zusam­men­hang mit Nach­hal­tig­keit ist ein unge­lös­tes Problem. Das liegt an unse­rem Wirt­schafts- und Finanz­sys­tem. Es basiert auf Wachs­tum. Das Zins- und Zinses­zins­kon­zept, das Brut­to­in­lands­pro­dukt, nach dem eine «gesunde» Gesell­schaft gemes­sen wird oder das Markt­lea­der-Stre­ben von Konzer­nen – alles basiert auf dem Wachs­tums­ge­dan­ken.

Doch nicht nur die Wirt­schaft strebt danach. Wir Menschen haben uns dieses Konzept genauso in die DNA geschrie­ben. Wer will schon im Lauf seines Lebens weni­ger Lohn? Eine klei­nere Wohnung? Seinen Komfort redu­zie­ren? Nur Verein­zelte in unse­rer west­li­chen Welt entschei­den sich bewusst für eine Reduk­tion. Der Rest strebt nach mehr.

Trotz­dem merken wir alle intui­tiv, dass sich die beiden Konzepte grund­le­gend in die Quere kommen. Wachs­tum braucht auto­ma­tisch mehr Ressour­cen. Und das ist das Gegen­teil von nach­hal­ti­gem Handeln.

Unend­li­ches Wachs­tum ist ein von Menschen geschaf­fe­nes Konstrukt und kein Natur­ge­setz. Um allmäh­lich echte Nach­hal­tig­keit zu schaf­fen, muss darum das gesamte Wirt­schafts­wachs­tum über­dacht werden. Daraus kann sich erge­ben, dass unser gesam­tes System ins Wanken gerät und von Grund auf neu aufge­setzt werden muss. Betrof­fen sind Invest­ment­kon­zepte ebenso wie der private Konsum und der daraus resul­tie­rende, wach­sende mate­ri­elle Wohl­stand.

Gibt es Alter­na­ti­ven?

Die Donut-Ökono­mie

In ihrem im Jahr 2018 erschie­ne­nen Buch stellt die Britin Kate Raworth ein inter­es­san­tes alter­na­ti­ves Wirt­schafts­mo­dell vor. Als einprä­gende Meta­pher für Nach­hal­tig­keit dient der Autorin der Donut.

Der innere Kreis – das Loch des Gebäcks – spie­gelt die Gesell­schaft und deren Bedürf­nisse nach Nahrung, Wasser, einem Dach über dem Kopf und sozia­ler Mitbe­stim­mung wider. Der äussere Kreis bildet die ökolo­gi­schen Gren­zen unse­res Plane­ten. Dazu gehö­ren Klima­wan­del, Umwelt­ver­schmut­zung und endli­che Ressour­cen. Diese Gren­zen dürfen nicht über­schrit­ten werden, müssen aber die Bedürf­nisse des inne­ren Krei­ses erfül­len.

Der Grund­ge­danke der von Kate Raworth erschaf­fe­nen Donut-Ökono­mie ist es, dem aktu­el­len Wirt­schafts­sys­tem den Rücken zu kehren und die Ziele neu zu defi­nie­ren. Weg von Wachs­tum, hin zu einem ande­ren Werte­sys­tem, das sich genauso der Wohl­fahrt von uns Menschen zuwen­det wie der gesam­ten Natur. Damit einher geht eine gerechte Umver­tei­lung von Ressour­cen sowie die Verrin­ge­rung der Schere zwischen Reich und Arm.

Eines der inter­es­san­tes­ten Konzepte für ein neues
Wirt­schaft­mo­dell (Ex Libris)

Circu­lar Economy oder Kreis­lauf­wirt­schaft

Im Kampf gegen die Verknap­pung von Rohstof­fen spielt das Konzept der Kreis­lauf­wirt­schaft eine wich­tige Rolle. Dabei wird die lang­fris­tige Nutzung von Ressour­cen und Produk­ten ange­strebt. In der Praxis bedeu­tet dies, dass schon beim Produkt­de­sign und der -herstel­lung der Fokus auf drei Attri­bute gelegt werden:

  • lang­le­big
  • repa­rier­bar
  • rezi­k­lier­bar

Der letzte Schritt ist als Recy­cling am besten bekannt. Im Recy­cling von Rohstof­fen steckt enor­mes Poten­zial. Für Klima­schutz und Wirt­schaft glei­cher­mas­sen. Eine konse­quente Wieder­ver­wer­tung könnte unge­fähr 50% der welt­wei­ten CO²-Emis­sio­nen im Bereich der Förde­rung und Verar­bei­tung natür­li­cher Ressour­cen einspa­ren.

Verein­fachte Darstel­lung der Phasen in der Kreis­lauf­wirt­schaft

Das grosse Poten­zial liegt in der Lang­le­big­keit und Repa­rier­fä­hig­keit. Aktu­elle Produkt­de­signs arbei­ten hier rich­tig­ge­hend dage­gen – die meis­ten Produkte könn­ten viel länger leben, als wir es uns gewohnt sind. Sie bestehen oft aus Verbund­stof­fen, die kaum rezi­k­liert werden können oder sie sind verleimt, so dass man gar nicht mehr an die Einzel­kom­po­nen­ten rankommt, um sie zu reparieren.

Von Anfang an gutes und weni­ger Mate­rial einset­zen, es länger brau­chen und am Ende wieder­ver­wer­ten. Das ist Kreis­lauf­wirt­schaft.

Zum neuen und wirk­lich inter­es­san­ten Modell der Kreis­lauf­wirt­schaft bietet in der Schweiz die Wissens- und Netz­werk­ge­mein­schaft Circu­lar Hub gute Lösungs­an­sätze für zukünf­ti­ges Wirt­schaf­ten an, mit Veran­stal­tun­gen und einer Akade­mie. Mehr dazu hier.

Von linear zu zirku­lär. Drei der wich­tigs­ten Grund­la­gen für nach­hal­ti­ges Wirt­schaf­ten.

Konzepte zur Nach­hal­tig­keit

Es gibt aktu­ell drei aner­kannte Stra­te­gien, um Nach­hal­tig­keit im umfas­sen­den Sinn umzu­set­zen.

  1. Konsis­tenz

Diese Stra­te­gie strebt eine Symbiose zwischen Tech­nik und Natur an. Natur­ge­fähr­dende Stoffe sollen auf ein Mini­mum redu­ziert oder besser komplett aussor­tiert werden. Ziel ist es, eine dauer­haft nach­hal­tige Verein­ba­rung zwischen mensch­li­chen Leben und Wirt­schaf­ten herbei­zu­füh­ren. Das Bestre­ben dahin­ter ist es, intel­li­gente und effi­zi­ente Wirt­schafts­sys­teme aufzu­bauen. Die lineare Produkt­wirt­schaft soll dauer­haft durch eine Kreis­lauf­wirt­schaft ersetzt werden. Eine Heraus­for­de­rung, und nicht rasch umsetz­bar. Stel­len­weise wird hier sogar von einer indus­tri­el­len Revolution gespro­chen.

  1. Effi­zi­enz

Effi­zi­enz ist das Verhält­nis zwischen Nutzen und Aufwand. Besser bekannt ist dieses Prinzip unter dem Motto: Aus weni­ger mach mehr. Effi­zi­en­ter wirt­schaf­ten bedeu­tet, das Glei­che oder eine Alter­na­tive mit weni­ger Rohstof­fen herzu­stel­len. Dieses Ziel wird in der Effi­zi­enz­stra­te­gie über­wie­gend durch tech­ni­sche Inno­va­tio­nen und moderne Arbeits­wei­sen ange­strebt. Weni­ger Mate­rial und weni­ger Ener­gie bieten viel Einspar­po­ten­zial. Für Unter­neh­men bedeu­tet das nicht nur einen ökolo­gi­schen, sondern auch einen betriebs­wirt­schaft­li­chen Vorteil.

  1. Suffi­zi­enz

Das Wort ist ans latei­ni­sche «suffi­cere» ange­lehnt und bedeu­tet soviel wie «ausrei­chend». Die Frage dahin­ter ist: Welche Bedürf­nisse müssen befrie­digt werden, um sich ein gutes Leben zu erfül­len? Dabei geht es um den bewuss­ten Verzicht und darum, nicht jedem neu geschaf­fe­nen Bedarf nach­zu­ge­ben. Weni­ger Dinge länger behal­ten. Weni­ger konsu­mie­ren, inten­si­ver leben – um es als Philo­so­phie auszu­drü­cken. Denn redu­zier­ter Konsum und ein acht­sa­mer Umgang mit seinem Lebens­wan­del senkt auto­ma­tisch den Verbrauch unse­rer endli­chen Ressour­cen.

Im Gegen­satz zu Konsis­tenz und Effi­zi­enz verlangt Suffi­zi­enz nicht nach einer Verän­de­rung der Produk­tion, sondern unse­res Konsum­ver­hal­tens. Es ist aber falsch, hinter diesem Begriff eine Art Mangel oder komplet­ten Verzicht zu sehen. Es ist eine bewusste Lebens­weise, der bereits viele jungen Menschen nach­ge­hen möch­ten.

Während Ideen aus dem Konsis­tenz- und Effi­zi­enz­be­reich viel Zustim­mung finden, wird Suffi­zi­enz skep­tisch belä­chelt. Dies, weil wir kultu­rell in einer Dekade leben, wo Tech­nik­gläu­big­keit die Ober­hand hat. Insge­heim hoffen wir, dass es neue Tech­no­lo­gien rich­ten werden, ohne dass wir uns ändern müssen. Jedes dieser Konzepte alleine für sich verspricht aber auf lange Sicht keinen Erfolg. Am Ende muss an allen Rädchen gedreht werden.

Von den Ökoak­ti­vis­ten zur Nach­hal­tig­keits­be­we­gung

Der Umwelt­schutz ist kein moder­ner Gedanke. Bereits im 19. Jahr­hun­dert exis­tier­ten in Deutsch­land Gesetze gegen Gewäs­ser- und Luft­ver­schmut­zung. In der Weima­rer Verfas­sung von 1919 wurde der Natur­schutz als Ziel defi­niert.

Das Thema Umwelt­po­li­tik als natio­na­les Ressort nimmt aber erst in den 70er Jahren des 20. Jahr­hun­derts Gestalt an. Es formierte sich die Umwelt­be­we­gung der Ökoak­ti­vis­ten. Sie entstand unter ande­rem aus der Ölpreis­krise, die ein neues Bewusst­sein für die Endlich­keit von Rohstof­fen ausge­löst hatte. Zudem prokla­mierte 1970 der Euro­pa­rat das erste Euro­päi­sche Natur­schutz­jahr, zeit­gleich kam das Euro­päi­sche Recy­clingsym­bol auf den Markt.

Auf globa­ler Ebene löste die Bewe­gung gegen die Apart­heid Südafri­kas sowie gegen den Viet­nam­krieg eine neue Haltung im Sinne von «Kein Geld für Rüstung und die Apart­heid» aus. Paral­lel entstan­den zuerst in den USA und in Gross­bri­tan­nien Finanz­fonds mit Ausschluss­kri­te­rien für diese Akti­vi­tä­ten, die sich vor allem an insti­tu­tio­nelle Anle­ger rich­te­ten.

Im darauf­fol­gen­den Jahr­zehnt formierte sich Wider­stand gegen die Atom­kraft, das Konzept der Abfall­tren­nung entstand und die Ökobe­we­gung wandelte sich allmäh­lich hin zu einem eigent­li­chen Hand­lungs­prin­zip unter dem Begriff «Nach­hal­tig­keit».

Erst­pu­bli­ka­tion des Beitra­ges
im «Jour­nal» von «Notice Design»

Erst­pu­bli­ka­tion des Beitra­ges im «Jour­nal» von «Notice Design»

Helen Hüsser
Stra­te­gie und Bera­tung bei
Notice Design
huesser@notice.design
Notice Design
macht Nach­hal­tig­keits­the­men
sicht­bar und verständ­lich.

Helen Hüsser, Stra­te­gie und Bera­tung bei «Notice Design»
huesser@notice.design
Notice Design macht Nach­hal­tig­keits­the­men sicht­bar und verständ­lich.

Titel­bild: Tom Wheat­ley, unsplash